Tratsch: Hinterfragen...

serave, 03. April 2012, um 22:22

Ich hab gerade den Fred: https://www.sauspiel.de/forum/diskussionen/59... gelesen. Jetzt ist das ansich nichts neues, solche hatten wir schon jede Menge hier, aber er hat mich doch zum Denken gebracht.

Eines ganz klar vorweg um das Klarzustellen. An dieser Stelle bezweifle ich nicht, ob der Kartenmischer alles richtig macht. Auf das will ich gar nicht hinaus. Mir gehts um was anderes:

Scheinbar ist alles ganz einfach. Da gibt es auf der einen Seite die frustrierten Frustspieler, bei denen der Algorithmus schuld ist. Auf der anderen Seite die, welche den Algorithmus wehement verteidigen und blind vertrauen. Ich meine, der liegt ja nicht offen rum und man kann sich den anschauen, sondern man geht ideaistisch davon aus, es hat schon alles seine Ordnung.

Wenn man ein Kind nimmt, sagen wir mal bis zum Schulalter, dann will das alles Wissen und hinterfragt alles. Warum ? Wieso ? Weshalb ? Genervte Eltern können das bestätigen.

Scheinbar verlieren wir diese Eigenschaft irgendwann.

Autoritäten ordnen wir uns unter.

Nachrichten, Presse glauben wir blind, dass das die Wahrheit ist, obwohl retten wir wirklich Griechenland ?
Facebook und Google werden mit meinen Daten schon ordnungsgemäß umgehen und wenn nicht, hab doch nix zu verbergen.
Es sind oft banalitäten.... wer hat schon mal einen Handyvertrag wirklich durchgelesen ? Und später das böse erwachen, was da alles drin steht.

Vielleicht drücke ich mich falsch aus, aber warum es mir geht... vielleicht lernen wir in der Schule nur gedachtes und geben wieder, was irgendwer gesagt hat. Aber verleren dabei zu Fragen, warum ist das so ? Wer sagt das und woher hat er diese Information ? Auf was basiert diese Annahme.

Um auf das Beispiel des Algorithmus zurück zu kommen. Keiner weiß das von uns mit Sicherheit. Wir gehen davon aus, dass alles hier korrekt läuft. Und so wie Galileo der Kätzer war, wäre es auch jeder andere, der dies in Frage stellt. (Absolut außen vor gelassen, ob dieser nun Recht hat oder nicht). Wir nehmen es und viele andere Dinge als gegeben hin.

Wie gesagt, mir gehts nicht darum, ob das DIng jetzt richtig rechnet, ist mir ander Stelle auch egal, spiele eh bloß zum Zeitvertreib und um Punkte. Es geht mir um das menschliche Verhalten.

Kritik, Gegenstimmen, anregende Gedanken ausdrücklich erwünscht.

Pete, 03. April 2012, um 23:10

Hm, der Misch-Algorithmus wurde ja schon mal genannt. Ich weiß zwar nicht mehr genau, was es für einer ist (Sun?) - aber wenn man sich auskennt und damit beschäftigt, kann man bestimmt im Detail einsehen, wie's abläuft. Das ist bei Griechenland nicht so.

hosenlatz, 03. April 2012, um 23:18

Ich probier es mal mit anregenden Gedanken, wenns recht ist:-)

Grundsätzliches Hinterfragen ist ja immer in Ordnung. Was ich nicht in Ordnung finde, sind die öffentlichen Behauptungen, man habe Statistiken geführt und könne nachweisen, dass Sauspiel betrüge - davon hört man dann nur nie wieder was... das ist Verleumdung.
In die selbe Kategorie fallen für mich diese Behauptungen ohne Beweise, dafür allerdings mit Beleidigungen garniert.
Besonders erheiternd finde ich dabei oft, dass a) die Erfolgsrate Spiel/Gewinn genau bei den Beschwerdeführern so gut ist, dass an diesen Behauptungen nichts wahres sein KANN (zumindest was ihren persönliche Beobachtung betrifft).
Gerne genommen ist auch die Variante mit einer verheerenden Erfolgsstatistik; wenn dazu dann 5 Spiele des Betreffenden aus einem Zeitraum von einer halben Stunde kommen, die irgendein Fleißarbeiter heraussucht, und in den Spielen sind eklatante "handwerkliche" Fehler, dann liegt es auch eher nicht am Mischen.

Sei dem wie ihm wolle - Leute, die tatsächlich hinterfragen und nicht pöbeln, haben von mir bisher immer höfliche Antworten bekommen.
Ich vertraue dem Mischverfahren, weil ich erstens hier genau die Karten bekomme, die ich aus dem echten Leben kenne, und zweitens mich bisher kein Argument für ein bewusst verzerrtes Ergebnis überzeugt hat.

(Nebenbei: Unbewusst verzerrte Ergebnisse - also ein nicht ganz zufälliger Zufall - könnte ich mir zwar vorstellen, das kommt bei Pseudozufallszahlen gelegentlich vor. Das bevorzugt oder benachteiligt aber niemanden, und selbst wenn(!) es das hier also gäbe, wäre der Effekt so minimal, dass das garantiert kein einzelner Spieler bei seinen Karten bemerken würde. Dazu müsste man dann schon mehrere Millionen Hände auswerten.)

So, und zum Grundsätzlichen zurück: Blindes Vertrauen in Autoritäten ist eine dumme Sache. Autoritäten zu misstrauen, in allem und jedem, weil sie Autoritäten sind, ist allerdings auch nicht das Gelbe vom Ei. Wenn ich eine mir persönlich und weiteren 10 Leuten unter ein paar Tausend seltsam vorkommende Sache - zum Beispiel Kartenverteilung, man könnte aber auch 9/11 als Plan der CIA etc. nehmen - erklären will, ist es entweder ein gigantischer Betrug mit einer Unmenge krimineller Energie bei recht vielen Leuten, ganz zu schweigen davon, dass ich viele Fakten ignorieren muss (klar, ist ja Teil der Verschwörung). Oder ich hatte Pech oder bin einfach ein bißchen doof oder paranoid, gerne auch in Kombination dieser Dinge.

Ich werde auch nie "beweisen" können, dass die CIA nicht hinter 9/11 steht. Trotzdem bin ich, weil ich die "offizielle" Version für wahr halte, noch kein autoritätsgläubiger Trottel, der den Herrschenden aus der Hand frisst.
Um Dein Beispiel aufzugreifen: "Die Presse" (sagen wir mal: FAZ, SZ, Zeit, Welt, Bild, Spiegel, Stern, Focus) berichten möglicherweise einseitig über Griechenland etc. (So einseitig ist das übrigens keineswegs! Wie kommst Du darauf? 5 Minuten googeln reichen aus, um allein für diese Medien nachzuweisen, dass es nicht einseitig ist.) Das heisst aber im Umkehrschluß doch nicht, dass das Internetblog von Dipl. Ing. Heinzi, der ein Ferienhaus in Griechenland hat und voll viel Ahnung von dem Land und der Wirtschaft, deswegen die reine ungeschminkte Wahrheit berichtet. Ok, das ist jetzt etwas fies zugespitzt, aber das Grundprinzip sollte rüberkommen;-)

Deibenker, 04. April 2012, um 08:56

Es ist erstmal schwer weder das Dummchen zu sein, das alles glaubt, noch der Kontrollfreak.
z.B. Am Zebrastreifen müssen die Autos halten, also lauf ich einfach... und autsch.
Andererseits werde ich nicht zum Piloten/Zugführer gehen und sagen hauch mich mal an. Kontrolle in Stichpunkten ja, aber nur der Sache dienend!
Ich werde nicht die Mischkatze kontrollieren, wenn ich ähnliche Gewinn und Verlusttage wie im Leben habe. (Die Zeit nutze ich lieber um im Forum rumzuschmieren) ;-)
Und ich werde auch nicht anderen Mitarbeitern hinterherrennen um zu gucken, ob sie alle Schrauben angedreht haben (auch wenn ich in der Haftung bin). Und wenn sie 47min Mittagspause machen, dann iss es halt so. (Ich koche denen lieber schnell nen Kaffee, dann gehen die immer ab wie Schmitts Katze).
Jetzt aufgepasst! Die ursprüngliche Stärke unserer deutschen Gesellschaft kommt doch von der (Berufs)ehre und dem gegenseitigen Vertrauen (nicht blind). Jeder macht seine Arbeit, und guckt partnerschaftlich auf seinen Mitmenschen.
Den Deppen am Zebrastreifen halt ich dann lieber mal fest wenn der 40 Tonner anrauscht. Und die sich nicht an die Regeln halten erkennt man auch ohne das Controlling, dann muss man handeln. (Ich weiß ich bin äußerst altmodisch)
Also wer den statistischen Beweis bekommen will gehe zu einem guten Statistiker, der beweist was immer ihr wollt (50H x 200€). Der selbe Balkenschieber wird dann für die anderen eine Statistik erstellen. Er wird genau das Gegenteil beweisen. (wieder 50H x 200€). ;-)
Ratet mal wer der große Gewinner ist.
Und jetzt hab ich noch extra für euch eine kleine Geschichte ausgegraben. (Der Abgang ist meine Lieblingsvariante)

Deibenker, 04. April 2012, um 08:57

"Es waren einmal sieben Zwerge, die lebten hinter den sieben Bergen.
Tag für Tag suchten sie im Bergwerk nach Gold. Jeder der Zwerge war rechtschaffen, fleißig und achtete den Anderen. Wenn einer von ihnen müde wurde, so ruhte er sich aus, ohne dass die Anderen erzürnten. Wenn es einem von ihnen an etwas mangelte, so gaben die Anderen bereitwillig und gerne. Abends, wenn das Tagewerk geschafft war, aßen sie einträchtig ihr Brot und gingen zu Bett. Am siebten Tage jedoch ruhten sie.
Doch eines Tages meinte einer von ihnen, dass sie so recht nicht wüssten, wie viel denn geschafft sei und begann, die Goldklumpen zu zählen, die sie Tag für Tag aus dem Bergwerk schleppten. Und weil er so mit Zählen beschäftigt war, schufteten die Anderen für ihn mit. Bald nahm ihn seine neue Arbeit derart in Anspruch, dass er nur noch zählte und die Hacke für immer beiseitelegte.
Nach einer Zeit hob ein Murren an unter den Freunden, die mit Argwohn auf das Treiben des Siebten schauten. Dieser erschrak und verteidigte sich, das Zählen sei unerlässlich, so sie denn wissen wollten, welche Leistung sie vollbracht hatten und begann, den Anderen in allen Einzelheiten davon zu erzählen. Und weil er nicht erzählen konnte, während die Anderen hackten und hämmerten, so legten sie alle ihre Schaufeln beiseite und saßen am Tisch zusammen. So entstand das erste M e e t i n g .
Die anderen Zwerge sahen das feine Papier und die Symbole, aber schüttelten die Köpfe, weil sie es nicht verstanden. Es dauerte nicht lange und der C o n t r o l l e r (denn so nannte er sich fortan!) forderte, die Zwerge, die da Tagein, Tagaus schufteten, mögen ihm ihre Arbeit beweisen, in dem sie ihm Zeugnis auf Papier ablegten über die Menge Goldes, die sie mit den Loren aus dem Berg holten. Und weil er nicht verstehen konnte, warum die Menge schwankte, so berief er einen unter ihnen, die Anderen zu führen, damit der Lohn recht gleichmäßig ausfiele. Der Führer nannte sich M a n a g e r und legte seine Schaufel nieder.
Nach kurzer Zeit arbeiteten also nur noch Fünf von ihnen, allerdings mit der Auflage, die Arbeit aller Sieben zu erbringen. Die Stimmung unter den Zwergen sank, aber was sollten sie tun? Als der Manager von ihrem Wehklagen hörte, dachte er lange und angestrengt nach und erfand die T e a m a r b e i t . So sollte jeder von ihnen gemäß seiner Talente nur einen Teil der Arbeit erledigen und sich spezialisieren. Aber ach! Das Tagewerk wurde nicht leichter und wenn einer von ihnen krank wurde, wussten die Anderen weder ein noch aus, weil sie die Arbeit ihres Nächsten nicht kannten. So entstand der Taylorismus.
Als der Manager sah, dass es schlecht bestellt war um seine Kollegen, bestellte er einen unter ihnen zum G r u p p e n f ü h r e r , damit er die Anderen ermutigte. So musste der Manager nicht mehr sein warmes Kaminfeuer verlassen. Leider legte auch der Gruppenführer, der nunmehr den Takt angab, die Schaufel nieder und traf sich mit dem Manager öfter und öfter zu Meetings. So arbeiteten nur noch Vier.
Die Stimmung sank und damit alsbald die Fördermenge des Goldes. Als die Zwerge wütend an seine Bürotür traten, versprach der Manager Abhilfe und organisierte eine kleine Fahrt mit dem Karren, damit sich die Zwerge zerstreuten. Damit aber die Menge Goldes nicht nachließ, fand die Fahrt am Wochenende statt. Und damit die Fahrt als Geschäftsreise abgesetzt werden konnte, hielt der Manager einen langen Vortrag, den er in fremdartige Worte kleidete, die er von einem anderen Manager gehört hatte, der andere Zwerge in einer anderen Mine befehligte. So wurden die ersten Anglizismen verwendet.
Eines Tages kam es zum offenen Streit. Die Zwerge warfen ihre kleinen Schaufeln hin und stampften mit ihren kleinen Füssen und ballten ihre kleinen Fäuste. Der Manager erschrak und versprach den Zwergen, neue Kollegen anzuwerben, die ihnen helfen sollten. Der Manager nannte das O u t s o u r c i n g . Also kamen neue Zwerge, die fremd waren und nicht recht in die kleine Gemeinde passten. Und weil sie anders waren, musste auch für diese ein neuer Führer her, der an den Manager berichtete. So arbeiteten nur noch Drei von ihnen.
Weil jeder von ihnen auf eine andere Art andere Arbeit erledigte und weil zwei verschiedene Gruppen von Arbeitern zwei verschiedene Abteilungen nötig werden ließen, die sich untereinander nichts mehr schenkten, begann, unter den strengen Augen des Controllers, bald ein reger Handel unter ihnen. So wurden die K o s t e n s t e l l e n geboren. Jeder sah voller Misstrauen auf die Leistungen des Anderen und hielt fest, was er besaß. So war ein Knurren unter ihnen, dass stärker und stärker wurde. Die zwei Zwerge, die noch arbeiteten, erbrachten ihr Tagewerk mehr schlecht als recht. Als sich die Manager und der Controller ratlos zeigten, beauftragten sie schließlich einen Unternehmensberater. Der strich ohne die geringste Ahnung hochnäsig durch das Bergwerk und erklärte den verdutzten Managern, die Gründe für die schlechte Leistung sei darin zu suchen, das die letzten Beiden im Bergwerk verbliebenen Zwerge ihre Schaufeln falsch hielten. Dann kassierte er eine ganze Lore Gold und verschwand so schnell, wie er erschienen war.
Währenddessen stellte der Controller fest, dass die externen Mitarbeiter mehr Kosten verursachten als Gewinn erbrachten und überdies die Auslastung der internen Zwerge senkte. Schließlich entließ er sie. Der Führer, der die externen Mitarbeiter geführt hatte, wurde zweiter Controller. So arbeitete nur noch ein letzter Zwerg in den Minen.
Tja, und der lernte in seiner kargen Freizeit, die nur noch aus mühsam errungenen abgebummelten Überstunden bestand, Schneewittchen kennen, die ganz in der Nähe der Mine ihre Dienste anbot. Dann holte er sich bei ihr den Siff und verreckte elendig.
Die Firma ging Pleite, die Manager und Gruppenführer und Controller aber fanden sich mit großzügigen Summen gegenseitig ab und verpissten sich, um der Anklage wegen Untreue zu entgehen, ins Ausland.
Ich geh jetzt lieber mal Arbeiten, sonst bin ich auch nur ein dummer Zwerg!

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